Die Geschichte von Silva und Abdul
Liebe gefunden, alles verloren – und wieder ganz von vorne angefangen
Silva und Abdul, ein Ehepaar aus Syrien, hatte vor seiner Flucht zusammen ein erfolgreiches Unternehmen aufgebaut.


Eine neue Zukunft gestalten – mit Beharrlichkeit und Liebe
Silva: Meine Familie stammt aus Armenien. Wir sind seit Jahrzehnten auf der Flucht. Ich bin als libanesische Staatsangehörige in Syrien aufgewachsen. Das machte das Leben schwierig, weil wir für alles, was wir tun wollten, eine offizielle Genehmigung brauchten. Wir mussten ständig irgendwelche Unterlagen bei den Sicherheitsbehörden vorlegen. Trotzdem schaffte ich es, zur Schule zu gehen und zu studieren. Ich machte einen Abschluss als Innenarchitektin und trat eine Stelle bei einem Möbelunternehmen an. Dort lernte ich Abdul kennen. Zuerst war er wie ein Bruder für mich. Er erinnerte mich an meinen Vater – ruhig, freundlich und zuvorkommend. Ich wuchs mit vier Schwestern auf, kannte es also nicht, von einem Mann so umsorgt zu werden. Abdul war immer für mich da, reparierte mein Auto und half mir, wann immer ich ihn brauchte. Ich fühlte mich bei ihm sicher.
Abdul: Ich habe mich auf den ersten Blick in Silva verliebt. Ich wollte, dass sie sich auch in mich verliebt, aber im Nahen Osten ist es gar nicht so einfach, eine Frau für sich zu gewinnen. Da brauchst du Geduld. In unserer Kultur wird sehr auf Tradition geachtet. Aber ich war jung und entschlossen. Ich zeigte ihr meine Liebe und Fürsorge, bis sie sich schließlich auch in mich verliebte. Unsere Liebesgeschichte war keine einfache. Wir hatten einen unterschiedlichen kulturellen und gesellschaftlichen Hintergrund. Aber wir glaubten an die Liebe und dass sie stärker ist als Traditionen, Krieg und Angst. Wir bauten zusammen etwas auf – nicht nur eine Beziehung, sondern auch ein Unternehmen, ein Leben. Wir wurden Geschäftspartner, machten aus meinen Marketing- und Managementkompetenzen und ihrem Designtalent etwas Greifbares und Erfolgreiches.

Überleben von Tag zu Tag
Silva: Ich hatte immer davon geträumt, ein eigenes Möbelunternehmen zu führen, und IKEA war mein Vorbild. Abdul erfüllte mir diesen Traum. Er trieb einen wohlhabenden Investor auf, mit dessen Hilfe wir ein eigenes Unternehmen gründen konnten. Schritt für Schritt machten wir uns einen Namen und waren schon bald sehr bekannt. Ich erhielt sogar das Angebot, eine TV-Show über Inneneinrichtung im Morgenprogramm zu moderieren. Das Leben war gut, aber nicht einfach. Wir arbeiteten Tag und Nacht dafür, etwas von bleibendem Wert zu schaffen. Dann kam der Krieg. Von einem Moment auf den anderen verloren wir alles. Unsere Fabrik, unser Lager, unser Unternehmen – alles wurde zerstört. Wir versuchten einen Neuanfang in Damaskus, aber der Krieg holte uns auch dort ein. Zweimal bauten wir etwas auf und zweimal verloren wir alles. Wir lebten nur noch von Tag zu Tag und versuchten, irgendwie zu überleben.
Abdul: Der Krieg hat alles verändert. Um uns herum gingen überall Raketen nieder. Autobomben explodierten in der Nähe. Wir hatten Glück, aber viele Menschen überlebten das nicht. In unserer Fabrik hatten wir schließlich keinen Strom mehr und konnten kein Material mehr einlagern. Die Menschen flohen entweder aus Syrien oder wurden zum Militärdienst eingezogen. Unser Unternehmen und unser Projekt weiterzuführen war ein großes Risiko. Dennoch taten wir es. Diese Erinnerung bedeutet uns viel.
Silva: Es fiel mir nicht leicht, mich gegen meine Eltern zu stellen. Alle hielten unsere Beziehung für verrückt. Aber es gab da diesen einen Tag, an dem ich wusste, dass ich für immer mit Abdul zusammenbleiben wollte. Wir mussten zur Arbeit und hatten kein Benzin mehr im Tank. Abdul wollte nicht, dass ich allein gehe, also kam er mit. Da wir nun kein Auto hatten, wollten wir den Bus nehmen. Das war damals fast unmöglich, aber ich fand schließlich einen, der fuhr. Der Bus war allerdings total überfüllt, also bestand Abdul darauf, auf den nächsten zu warten. Während wir noch so dastanden, explodierte eine Bombe. Alles ging in Rauch auf und der Bus lag verkehrt herum auf der Straße.
In diesem Moment wusste ich, dass Abdul mein Leben gerettet hatte. Er war mein Schutzengel und sollte für immer in meinem Leben bleiben. In diesem Moment sagte ich ihm, dass ich ihn heiraten würde, komme was wolle. Eine Woche nach unserer Hochzeit, während unserer Flitterwochen, bekam ich einen Anruf: „Silva, komm nicht zurück, es ist nicht sicher für dich. Du würdest sofort getötet werden.“ Wir gaben unser Unternehmen auf. Unser erster Traum war damit am Ende. Aber wir hatten immer noch uns und wurden gemeinsam zu Asylsuchenden.
"Jahrelang hatten wir keine Träume mehr. Unser einziger Traum war, am nächsten Tag aufzuwachen. Heute können wir wieder träumen. Wir bauen wieder etwas auf. Und wir tun es zusammen. "

Wieder bei null anfangen
Abdul: Es war nicht einfach, die Heimat zu verlassen. Wir hatten alles verloren und mussten wieder bei null anfangen. Aber es war schlimmer als nichts. Wir hatten sogar noch weniger als nichts: keine Sprachkenntnisse, keine Ahnung, wie wir Arbeit oder eine Wohnung finden sollten oder wie wir uns in diese neue Welt integrieren konnten. Wir fingen also bei weniger als null an. Zuerst arbeitete ich als Reiseführer. Ich verdiente nicht viel, aber zumindest hatte ich etwas. Dann kam COVID-19 und ich verlor meinen Job. Als unser Sohn Sam zur Welt kam, hatte ich keine Arbeit. Es war schrecklich. Ich hatte Angst, dass er mit einem arbeitslosen Vater aufwachsen und denken würde, das sei normal. Ich wollte verzweifelt einen neuen Arbeitsplatz finden – irgendeinen.
Dann erzählte mir eine Person, dass IKEA Sprachkurse und Schulungen für Geflüchtete anbietet. Ich konnte es kaum glauben! IKEA war immer eine Inspiration für uns gewesen. Ich meldete mich sofort an. Nach drei Gesprächen gaben sie mir eine Chance. Keinen Job – eine Chance. Sie sagten mir: „Wenn du dich bewährst, kannst du bleiben.“ Und das tat ich. Ich packte diese Chance mit beiden Händen. Ich kam mir vor, als hätte mich eine Person aus einem brennenden Haus gerettet.
Silva: IKEA hat Abdul nicht nur eine Chance gegeben. Sie haben unserer Familie eine Zukunft gegeben. Ich erhielt eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung und bewarb mich um eine Stelle im Visual Department. Sie sahen meinen Hintergrund als Innenarchitektin und boten mir eine Stelle an, die zu meinen Fähigkeiten passte. Mein Tschechisch war nicht gut, aber bei IKEA konnte ich bei der Arbeit Englisch sprechen. Wir fühlten uns willkommen und respektiert. Jetzt träumt sogar unser Sohn schon davon, eines Tages Teil von IKEA zu sein. Einmal sagte er zu mir: „Mama, wenn ich groß bin, will ich Roboterdesigner bei IKEA werden.“ Wir lachten, aber uns wurde klar: Das ist sein Zuhause. Seine Zukunft ist hier. Und das bedeutet uns alles.
Abdul: Syrien wird immer unsere Heimat sein, aber Europa hat uns unser Leben zurückgegeben. Es hat uns Sicherheit geschenkt. Wir können mit Syrien zusammenarbeiten, die Menschen dort unterstützen und etwas Neues aufbauen, von einem Ort aus, an dem wir sicher sind. IKEA hat mich gerettet. Sie gaben mir eine Chance, mich zu bewähren, zu zeigen, dass ich nicht nur ein Geflüchteter bin, sondern eine Person, die anpackt, die etwas aufbauen kann. Sie gaben mir keine Almosen, sondern meine Würde zurück. Das werde ich IKEA niemals vergessen.
Silva: Jahrelang hatten wir keine Träume mehr. Unser einziger Traum war, am nächsten Tag aufzuwachen. Heute können wir wieder träumen. Wir bauen wieder etwas auf. Und wir tun es zusammen. In unserem Arbeitsumfeld fühlen wir uns wie zu Hause. Eines Tages sagte unser Sohn: „Mama, ich gehe jetzt in den Kindergarten, aber wenn ich groß bin, gehe ich mit dir zu IKEA.“
Hier arbeiten zu dürfen, war wie eine Rettungsleine. Es ist wie ein neues Leben. Ich denke, ich könnte keinen besseren Platz finden, um meinem Sohn eine Zukunft zu geben.